Flaggen machen, Flagge zeigen – Mitten in Essen-Katernberg bietet die WerkStadt von Pact Zollverein tolle Workshops und Veranstaltungen an, die den Stadtteil lebendiger machen.
Dieses Mal gibt Clarisse Akouala in den Räumlichkeiten der WerkStadt einen Workshop zur Gestaltung von Flaggen, bei dem ich meiner Kreativität freien Lauf lassen darf. Beim Arbeiten mit bunten Stoffen lerne ich etwas über die befreiende Wirkung von Intuitiver Kunst.
Ein kleines Mädchen sitzt mit ihren Eltern im Restaurant. Ihr ist furchtbar langweilig: Überall sitzen Erwachsene, die über erwachsene Dinge sprechen, die sie überhaupt nicht interessieren. Außerdem ist weit und breit kein Spielplatz zu sehen, denn das Restaurant liegt direkt an einer Baustelle. Seufzend legt das Mädchen den Kopf auf den Tisch, während ihre Eltern etwas Leckeres zum Essen bestellen. Plötzlich fragt die Kellnerin: „Soll ich dir was zum Malen bringen?“
Und genau hier fängt die Intuitive Kunst an: Das kleine Mädchen bekommt ein leeres Blatt Papier und eine kleine Box billiger Buntstifte in die Hände gedrückt und fängt an zu malen. Sie malt einfach, was immer ihr in den Sinn kommt. Kleine Fische mit Blubberblasen vor den Mündern, buntes Krickelkrackel, die Buchstaben ihres Vornamens, den sie vor Kurzem zu schreiben gelernt hat.
Im selben Moment sitzt eine junge Frau in der WerkStadt von Pact Zollverein in Essen-Katernberg. Vor ihr steht ein riesiger Tisch, auf dem neben Snacks und Wasser auch mehrere Scheren, Klebetuben und Stofffetzen verteilt sind. Sie weiß noch nicht, was sie hier erwartet. Sie weiß nur, dass sie sich für einen Flaggen-Workshop angemeldet hat, bei dem sie eine eigene Fahne gestalten kann – vielleicht die Flagge einer fiktiven Welt, in der Kreativität das höchste Gut ist. Zusammen mit einer anderen Frau ist sie die einzige Teilnehmerin des Workshops, der von Clarisse Akouala geleitet wird.
Schnell wird klar, dass vor allem das intuitive Gestalten im Fokus liegt. Clarisse stellt sich kurz vor, erzählt ein wenig von ihrer Arbeit und deutet auf das Material, das sie mitgebracht hat. Es ist der Inhalt dreier gigantischer Beutel, die mit bunt gemusterten Stoffen, Altkleider-Fetzen, Perlen und allem möglichen Textil-Kram gefüllt sind. Die Künstlerin holt einige der größeren Stoffbahnen hervor und breitet sie mit gestreckten Armen vor sich aus, um uns die vielen Muster zu zeigen, die uns in eine kreative Richtung lenken können. Und dann heißt es: Einfach loslegen!
Die junge Frau bin natürlich ich, und ich fühle mich sofort wie in der TV-Sendung Super Toy Club aus den 2000ern, in der das Gewinner-Team mit einem Einkaufswagen durch den Spielwarenladen rennen und alles Spielzeug hineinwerfen durfte. Okay, vielleicht nicht ganz so extrem, doch es ist wunderbar, mir nach Herzenslust Stoffe herauszusuchen und mich davon inspirieren zu lassen. Schnell bemerke ich, dass ich das gar nicht so oft mache: mir einfach Material zu nehmen und daraus etwas entstehen zu lassen, von dem ich zuvor noch keine Idee habe. Meist gehe ich meine Kunstwerke und Texte so an, dass ich zumindest eine grobe Vorstellung vom Endergebnis habe. Dabei ist Intuitive Kunst eigentlich die Kunst, mit der wir alle mal angefangen haben – so wie das kleine Mädchen im Restaurant.
Es steckt ja schon im Namen: Wenn wir Intuitive Kunst schaffen, dann folgen wir unserer Intuition, unserem Bauchgefühl. Wir machen uns frei von jeglichen Maßstäben, die sonst auf unser Schaffen einwirken (z. B. eine bestimmte Idee, Leistungsorientierung, Vergleich mit anderen Künstlern usw.). Das Ziel ist nicht, ein beeindruckendes Kunstwerk zu erschaffen, sondern über die Kunst unser Selbst auszudrücken. Das erinnert mich daran, wie Friedensreich Hundertwasser bei seiner Kunst vorgegangen ist: Er hat den Intellekt ausgeschaltet und beim Malen geträumt.
In einem Kunstseminar an der Uni Bielefeld habe ich einen anderen Ansatz von Intuitiver Kunst kennengelernt: Zwar haben wir auch hier mit Bleistiften, Kohle und Acrylfarbe einfach drauflos gemalt. Der Unterschied war jedoch, dass uns die Leiterin dabei bestimmte Aufgaben stellte (z. B. die Augen schließen oder eine neue Farbe benutzen) und wir uns das Material nicht aussuchen konnten. Als sich mein Bild fertig anfühlte und ich aufhören wollte, riet mir die Seminarleiterin, trotzdem weiterzumachen. Es war, als müsste ich gegen meine Intuition ankämpfen, und das hat mich tierisch wütend gemacht. Hier wurden ganz andere Zwischenräume erkundet, die nicht nur auf Intuition beruhten, sondern die Grenzen des Unbewussten ausgereizt haben.
Auch beim Flaggenworkshop komme ich irgendwann an einen Punkt, an dem ich nicht mehr weiter weiß. Inzwischen habe ich einen gelben Kreis ausgeschnitten und ihn mit anderen Stoffen beklebt. Und obwohl die Fahne noch nicht fertig ist, fühle ich mich fertig. Ich erzähle Clarisse von meinem Gefühl, und ihre Worte sind sehr tröstlich: Sie sagt, dass es kein Problem sei, wenn ich heute nicht fertig werde, und dass ich auf meine Intuition hören müsse. Es könne sein, dass ich schon morgen oder erst in fünf Jahren das Bedürfnis verspüre, weiterzumachen. Dem Bauchgefühl zu folgen bedeutet, seinem eigenen Rhythmus nachzugehen. Und das ist befreiend. Ich kann mein Kunstwerk gemeinsam mit mir wachsen lassen und muss mich zu nichts zwingen.
Doch so schön diese Form der Kreativität ist, so beängstigend ist sie auch. Ehrlich gesagt fühlt es sich zwischendurch wie ein Kontrollverlust an, nicht zu wissen, wie ich weitermachen soll. Das Ergebnis entzieht sich meiner Kontrolle, weil es nicht unbedingt in meiner Macht liegt, wann mein Werk beendet ist. Ich weiß nicht, was mich erwartet und kann lediglich versuchen, weiterzumachen.
Am Ende ziehe ich den Schluss, dass ich beides liebe: Intuitive Kunst, aber auch die kontrollierte Form, bei der ich mich kreativ weniger verausgaben muss. Einerseits ist es schön, frei zu schaffen, weil man sich vollständig auf den kreativen Prozess und das Material einlassen kann. Andererseits kann es wohltuend sein, genau zu wissen, was zu tun ist und wie das Endergebnis aussehen soll.
Der Flaggenworkshop hat mich dazu motiviert, mal wieder eine weiße Leinwand zu bemalen, ohne vorher eine konkrete Idee zu haben. Er hat mir Lust auf das befreiende Gefühl gemacht, mehr Collagen aus Papier oder aus Stoffen zu kleben. So hat mich Clarisse dafür geöffnet, mit meiner Kreativität weniger ein Ziel zu verfolgen, sondern mich vielmehr selbst auszudrücken.
Am Ende des Workshops unterhalten wir drei uns noch über die Bedeutungen, die in unseren Flaggen eingelagert sind. Ob unbewusst oder bewusst: Wir alle haben individuelle Symbole in unsere Fahnen eingearbeitet, die etwas über uns und unser Leben erzählen. Und der gegenseitige Austausch hat wiederum ganz neue Interpretationen eröffnet. Auf meiner Fahne jedenfalls ist noch ganz viel Platz für mehr Kreativität – genauso wie in meinem Leben.
Ein kleines Mädchen sitzt mit ihren Eltern im Restaurant. Ihr ist furchtbar langweilig: Überall sitzen Erwachsene, die über erwachsene Dinge sprechen, die sie überhaupt nicht interessieren. Außerdem ist weit und breit kein Spielplatz zu sehen, denn das Restaurant liegt direkt an einer Baustelle. Seufzend legt das Mädchen den Kopf auf den Tisch, während ihre Eltern etwas Leckeres zum Essen bestellen. Plötzlich fragt die Kellnerin: „Soll ich dir was zum Malen bringen?“
Und genau hier fängt die Intuitive Kunst an: Das kleine Mädchen bekommt ein leeres Blatt Papier und eine kleine Box billiger Buntstifte in die Hände gedrückt und fängt an zu malen. Sie malt einfach, was immer ihr in den Sinn kommt. Kleine Fische mit Blubberblasen vor den Mündern, buntes Krickelkrackel, die Buchstaben ihres Vornamens, den sie vor Kurzem zu schreiben gelernt hat.
Im selben Moment sitzt eine junge Frau in der WerkStadt von Pact Zollverein in Essen-Katernberg. Vor ihr steht ein riesiger Tisch, auf dem neben Snacks und Wasser auch mehrere Scheren, Klebetuben und Stofffetzen verteilt sind. Sie weiß noch nicht, was sie hier erwartet. Sie weiß nur, dass sie sich für einen Flaggen-Workshop angemeldet hat, bei dem sie eine eigene Fahne gestalten kann – vielleicht die Flagge einer fiktiven Welt, in der Kreativität das höchste Gut ist. Zusammen mit einer anderen Frau ist sie die einzige Teilnehmerin des Workshops, der von Clarisse Akouala geleitet wird.
Schnell wird klar, dass vor allem das intuitive Gestalten im Fokus liegt. Clarisse stellt sich kurz vor, erzählt ein wenig von ihrer Arbeit und deutet auf das Material, das sie mitgebracht hat. Es ist der Inhalt dreier gigantischer Beutel, die mit bunt gemusterten Stoffen, Altkleider-Fetzen, Perlen und allem möglichen Textil-Kram gefüllt sind. Die Künstlerin holt einige der größeren Stoffbahnen hervor und breitet sie mit gestreckten Armen vor sich aus, um uns die vielen Muster zu zeigen, die uns in eine kreative Richtung lenken können. Und dann heißt es: Einfach loslegen!
Die junge Frau bin natürlich ich, und ich fühle mich sofort wie in der TV-Sendung Super Toy Club aus den 2000ern, in der das Gewinner-Team mit einem Einkaufswagen durch den Spielwarenladen rennen und alles Spielzeug hineinwerfen durfte. Okay, vielleicht nicht ganz so extrem, doch es ist wunderbar, mir nach Herzenslust Stoffe herauszusuchen und mich davon inspirieren zu lassen. Schnell bemerke ich, dass ich das gar nicht so oft mache: mir einfach Material zu nehmen und daraus etwas entstehen zu lassen, von dem ich zuvor noch keine Idee habe. Meist gehe ich meine Kunstwerke und Texte so an, dass ich zumindest eine grobe Vorstellung vom Endergebnis habe. Dabei ist Intuitive Kunst eigentlich die Kunst, mit der wir alle mal angefangen haben – so wie das kleine Mädchen im Restaurant.
Was also ist Intuitive Kunst?
Es steckt ja schon im Namen: Wenn wir Intuitive Kunst schaffen, dann folgen wir unserer Intuition, unserem Bauchgefühl. Wir machen uns frei von jeglichen Maßstäben, die sonst auf unser Schaffen einwirken (z. B. eine bestimmte Idee, Leistungsorientierung, Vergleich mit anderen Künstlern usw.). Das Ziel ist nicht, ein beeindruckendes Kunstwerk zu erschaffen, sondern über die Kunst unser Selbst auszudrücken. Das erinnert mich daran, wie Friedensreich Hundertwasser bei seiner Kunst vorgegangen ist: Er hat den Intellekt ausgeschaltet und beim Malen geträumt.
Erfahrungen mit Intuitiver Kunst: Freiheit und Emotionen
In einem Kunstseminar an der Uni Bielefeld habe ich einen anderen Ansatz von Intuitiver Kunst kennengelernt: Zwar haben wir auch hier mit Bleistiften, Kohle und Acrylfarbe einfach drauflos gemalt. Der Unterschied war jedoch, dass uns die Leiterin dabei bestimmte Aufgaben stellte (z. B. die Augen schließen oder eine neue Farbe benutzen) und wir uns das Material nicht aussuchen konnten. Als sich mein Bild fertig anfühlte und ich aufhören wollte, riet mir die Seminarleiterin, trotzdem weiterzumachen. Es war, als müsste ich gegen meine Intuition ankämpfen, und das hat mich tierisch wütend gemacht. Hier wurden ganz andere Zwischenräume erkundet, die nicht nur auf Intuition beruhten, sondern die Grenzen des Unbewussten ausgereizt haben.
Mit Intuitiver Kunst zurück zum Selbst
Auch beim Flaggenworkshop komme ich irgendwann an einen Punkt, an dem ich nicht mehr weiter weiß. Inzwischen habe ich einen gelben Kreis ausgeschnitten und ihn mit anderen Stoffen beklebt. Und obwohl die Fahne noch nicht fertig ist, fühle ich mich fertig. Ich erzähle Clarisse von meinem Gefühl, und ihre Worte sind sehr tröstlich: Sie sagt, dass es kein Problem sei, wenn ich heute nicht fertig werde, und dass ich auf meine Intuition hören müsse. Es könne sein, dass ich schon morgen oder erst in fünf Jahren das Bedürfnis verspüre, weiterzumachen. Dem Bauchgefühl zu folgen bedeutet, seinem eigenen Rhythmus nachzugehen. Und das ist befreiend. Ich kann mein Kunstwerk gemeinsam mit mir wachsen lassen und muss mich zu nichts zwingen.
Doch so schön diese Form der Kreativität ist, so beängstigend ist sie auch. Ehrlich gesagt fühlt es sich zwischendurch wie ein Kontrollverlust an, nicht zu wissen, wie ich weitermachen soll. Das Ergebnis entzieht sich meiner Kontrolle, weil es nicht unbedingt in meiner Macht liegt, wann mein Werk beendet ist. Ich weiß nicht, was mich erwartet und kann lediglich versuchen, weiterzumachen.
Am Ende ziehe ich den Schluss, dass ich beides liebe: Intuitive Kunst, aber auch die kontrollierte Form, bei der ich mich kreativ weniger verausgaben muss. Einerseits ist es schön, frei zu schaffen, weil man sich vollständig auf den kreativen Prozess und das Material einlassen kann. Andererseits kann es wohltuend sein, genau zu wissen, was zu tun ist und wie das Endergebnis aussehen soll.
Der Flaggenworkshop hat mich dazu motiviert, mal wieder eine weiße Leinwand zu bemalen, ohne vorher eine konkrete Idee zu haben. Er hat mir Lust auf das befreiende Gefühl gemacht, mehr Collagen aus Papier oder aus Stoffen zu kleben. So hat mich Clarisse dafür geöffnet, mit meiner Kreativität weniger ein Ziel zu verfolgen, sondern mich vielmehr selbst auszudrücken.
Am Ende des Workshops unterhalten wir drei uns noch über die Bedeutungen, die in unseren Flaggen eingelagert sind. Ob unbewusst oder bewusst: Wir alle haben individuelle Symbole in unsere Fahnen eingearbeitet, die etwas über uns und unser Leben erzählen. Und der gegenseitige Austausch hat wiederum ganz neue Interpretationen eröffnet. Auf meiner Fahne jedenfalls ist noch ganz viel Platz für mehr Kreativität – genauso wie in meinem Leben.