Stadtgarten in Essen-Steele

Künstlertreff an der Ruhr: Schöne Aussichten und neue Real-Life-Abenteuer

  • 4 Min. Lesezeit
  • 16. August 2024
  • Sonja

Künstlertreff zum Stadtgarten in Essen-Steele

Begleite mich dabei, wie ich im Steeler Stadtgarten die Aussicht genieße, meinen seltsamen Gedanken nachhänge und mich auf das Glück verlasse. 

Gerade bin ich aus dem Haus und mache mich auf den Weg in Richtung Essen-Steele, als es draußen anfängt zu regnen. Ich habe keinen Regenschirm dabei. Soll ich wieder umkehren? Nein, denke ich, während der Regen meine Haut benetzt. Ich habe keine Lust mehr auf Umwege. Wie wär’s, wenn ich mich einfach mal auf mein Glück verlasse, anstatt ständig zu versuchen, auf alles vorbereitet zu sein?

Ich stelle mich an der Haltestelle unter, warte auf meine Verbindung und schaue in den Himmel. Trotz der Wolken ist es so blendend hell, dass ich meine Augen zusammenkneifen muss. In gleichmäßigen Schlieren fällt der Regen auf die Welt, die nun dem Flimmerbild alter Fernsehgeräte gleicht. Wenige Minuten später rollt krächzend der Bus in die Haltestellen-Bucht.

Ich steige ein, grüße den Busfahrer und suche mir einen Platz weiter hinten.

Wenn man in Frankreich den Bus nimmt, begrüßen fast alle Fahrgäste den Fahrer mit einem freundlichen bonjour, und wenn sie aussteigen, verabschieden sie sich mit merci, au revoir. Zumindest ist es im Süden so, und das gefällt mir. Ich habe mir diese Gewohnheit als Souvenir mitgebracht und frage mich, wie es je anders sein konnte. Nur das merci au revoir wäre wohl ein zu großer Kulturschock.

Im Inneren des Busses ist es ruhig. Keiner der Fahrgäste redet. Das gleichmäßige Geräusch des Motors brummt in meinen Ohren, und einige der Sitze und Stangen rattern, als wären sie nicht richtig angeschraubt. Ich lasse mich von der Regenstimmung einlullen, sehe die Welt an mir vorbeiziehen und beruhige mich.

Am Deimelsberg steige ich schließlich aus. Der Regen hat inzwischen aufgehört. Jackpot. Sogar einen Streifen blassblauen Himmels kann ich erkennen – wahrscheinlich habe ich magische Kräfte. Die helfen mir allerdings nicht dabei, den steilen Berg bis zum Park hochzulaufen, denn dafür brauche ich meine Muskeln.

Aber es ist nicht allzu weit, und so verlasse ich die viel befahrene Straße und tauche nach wenigen Metern ins Grün des Stadtparks ein, der viele knorrige Bäume auf hügeligen Wiesen und einen großen Spielplatz zu bieten hat. Mittendrin prunkt ein altes Gebäude mit hellgelber Fassade und ausladender Terrasse. Alles hier sieht hübsch, aber auch ziemlich verlassen aus. Wieso ist hier keine Menschenseele?, denke ich, während ich ganz allein auf der Terrasse stehe und mich klein fühle. Immerhin habe ich von hier aus einen schönen Ausblick auf die Landschaft. Etwas weiter hinten gibt es einen kleinen Außenpavillon.

Am unteren Teil des Parks gibt es außerdem eine kleine Aussichtsplattform mit mehreren Bänken, von der aus man weit über die Ruhr und ihr grünes Drumherum schauen kann. Es ist zwar schön hier, doch alles in allem bin ich ein wenig unterwältigt von der Aussicht. Ich drehe mich um, betrachte die vielen Parkbänke, auf denen sich alle möglichen Menschen mit Edding verewigt haben, und beschließe, zuerst das hellgelbe Gebäude zu erkunden.

Der kleine Pavillon fasziniert mich besonders, doch er scheint nicht zugänglich zu sein. Könnte ich besser klettern und trüge ich nicht ausgerechnet heute einen Rock, dann würde ich sofort in diesen Pavillon steigen, wie es schon unzählige Leute vor mir getan haben. Beim Versuch, den Pavillon hochzuklettern, fange ich mir ein paar Spinnenweben ein, die klebrig meinen Arm kitzeln. Es nervt. Ich hätte so gerne was zu den Tags und den leeren Weinflaschen beigetragen.

Obwohl meine Gedankenwelt an und für sich oft schon abenteuerlich genug ist, würde ich gern mal wieder ein Real-Life-Abenteuer erleben. Das letzte ist schon so lange her. Aber was bedeutet das schon, ein Abenteuer? Ich glaube es bedeutet, keine Angst zu haben und Dinge einfach umzusetzen. Demnach wäre alles Mögliche ein Abenteuer. Aber genau das ist es ja, was mir im Moment so schwerfällt: Dinge einfach umzusetzen.

Wenn ich an etwas denke, das ich machen möchte, dann reden plötzlich all die Stimmen in meinem Kopf durcheinander, machen mir Angst, finden unendlich viele Gegenargumente. Und ich habe keine Lust, mich gegen all das auflehnen zu müssen.

Der Wind pustet mich kraftvoll von der Seite an, als wolle er mich ermutigen.

Wer ist heute mit mir hier?

Eine Frau mit ihrem Enkel, der gut gelaunt den Spielplatz erkundet. Ein älterer Herr, der auf einer Bank vor dem kleinen Pavillon eine Zigarre raucht. Von ihm aus sieht es sicher seltsam aus, wie ich kreuz und quer durch den Park und über die Wiese laufe.

Drei Jungs treffen sich mit ihren Boxhandschuhen und trainieren. Ich höre das dumpfe Aufeinanderprallen des Leders bis hier hin. Eine alte Dame mit Rollator rollt an mir vorbei, als ich auf der Schaukel sitze. Sie lächelt mich an. Die Wiese ist voller Klee, und ich frage mich, ob wohl ein vierblättriges Kleeblatt dabei ist, aber ich weiß nicht, ob ich wirklich so lange suchen möchte.

Irgendwie ist es hier ziemlich idyllisch. Auf eine ausgestorbene Art. Ich will meinen Roman weiterschreiben. Ich will, dass ich mich in Gedanken auf mein Glück verlasse.

Ich spaziere weiter über die Wiese. Immer wieder entdecke ich riesengroße Büsche, die von Innen hohl sind. Ihre krummen Stämme bilden verwunschene Gänge, in denen man sich vor der Welt verstecken kann.

Dann noch die Ruhr. Dort unten sind viel mehr Menschen. Ich spaziere und sehe Hunde und Joggerinnen und grillende Gruppen. Und natürlich die Ruhr mit ihren Schwänen und Wildgänsen und dem schillernden Wasser, obwohl es heute eher gewellt und matt ist, weil ja die Sonne nur so selten durch die Wolken bricht.

Ich weiß nicht so ganz, was ich von all dem halten soll. Vom Leben. Von diesem Ausflug. Aber es hat gutgetan, das Chaos in meinem Kopf in Bewegung umzuwandeln. In eine grünere Aussicht.

Grüne Aussichten und graue Gedanken: Der Stadtgarten in Essen-Steele

  • 16. August 2024 – 4 Min. Lesezeit

Künstlertreff zum Stadtgarten in Essen-Steele

Begleite mich dabei, wie ich im Steeler Stadtgarten die Aussicht genieße, meinen seltsamen Gedanken nachhänge und mich auf das Glück verlasse. 

Ausblick auf die Ruhr vom Essener Aussichtspunkt 14

Gerade bin ich aus dem Haus und mache mich auf den Weg in Richtung Essen-Steele, als es draußen anfängt zu regnen. Ich habe keinen Regenschirm dabei. Soll ich wieder umkehren? Nein, denke ich, während der Regen meine Haut benetzt. Ich habe keine Lust mehr auf Umwege. Wie wär’s, wenn ich mich einfach mal auf mein Glück verlasse, anstatt ständig zu versuchen, auf alles vorbereitet zu sein?

Ich stelle mich an der Haltestelle unter, warte auf meine Verbindung und schaue in den Himmel. Trotz der Wolken ist es so blendend hell, dass ich meine Augen zusammenkneifen muss. In gleichmäßigen Schlieren fällt der Regen auf die Welt, die nun dem Flimmerbild alter Fernsehgeräte gleicht. Wenige Minuten später rollt krächzend der Bus in die Haltestellen-Bucht.

Ich steige ein, grüße den Busfahrer und suche mir einen Platz weiter hinten.

Wenn man in Frankreich den Bus nimmt, begrüßen fast alle Fahrgäste den Fahrer mit einem freundlichen bonjour, und wenn sie aussteigen, verabschieden sie sich mit merci, au revoir. Zumindest ist es im Süden so, und das gefällt mir. Ich habe mir diese Gewohnheit als Souvenir mitgebracht und frage mich, wie es je anders sein konnte. Nur das merci au revoir wäre wohl ein zu großer Kulturschock.

Im Inneren des Busses ist es ruhig. Keiner der Fahrgäste redet. Das gleichmäßige Geräusch des Motors brummt in meinen Ohren, und einige der Sitze und Stangen rattern, als wären sie nicht richtig angeschraubt. Ich lasse mich von der Regenstimmung einlullen, sehe die Welt an mir vorbeiziehen und beruhige mich.

Am Deimelsberg steige ich schließlich aus. Der Regen hat inzwischen aufgehört. Jackpot. Sogar einen Streifen blassblauen Himmels kann ich erkennen – wahrscheinlich habe ich magische Kräfte. Die helfen mir allerdings nicht dabei, den steilen Berg bis zum Park hochzulaufen, denn dafür brauche ich meine Muskeln.

Aber es ist nicht allzu weit, und so verlasse ich die viel befahrene Straße und tauche nach wenigen Metern ins Grün des Stadtparks ein, der viele knorrige Bäume auf hügeligen Wiesen und einen großen Spielplatz zu bieten hat. Mittendrin prunkt ein altes Gebäude mit hellgelber Fassade und ausladender Terrasse. Alles hier sieht hübsch, aber auch ziemlich verlassen aus. Wieso ist hier keine Menschenseele?, denke ich, während ich ganz allein auf der Terrasse stehe und mich klein fühle. Immerhin habe ich von hier aus einen schönen Ausblick auf die Landschaft. Etwas weiter hinten gibt es einen kleinen Außenpavillon.

Am unteren Teil des Parks gibt es außerdem eine kleine Aussichtsplattform mit mehreren Bänken, von der aus man weit über die Ruhr und ihr grünes Drumherum schauen kann. Es ist zwar schön hier, doch alles in allem bin ich ein wenig unterwältigt von der Aussicht. Ich drehe mich um, betrachte die vielen Parkbänke, auf denen sich alle möglichen Menschen mit Edding verewigt haben, und beschließe, zuerst das hellgelbe Gebäude zu erkunden.

Der kleine Pavillon fasziniert mich besonders, doch er scheint nicht zugänglich zu sein. Könnte ich besser klettern und trüge ich nicht ausgerechnet heute einen Rock, dann würde ich sofort in diesen Pavillon steigen, wie es schon unzählige Leute vor mir getan haben. Beim Versuch, den Pavillon hochzuklettern, fange ich mir ein paar Spinnenweben ein, die klebrig meinen Arm kitzeln. Es nervt. Ich hätte so gerne was zu den Tags und den leeren Weinflaschen beigetragen.

Obwohl meine Gedankenwelt an und für sich oft schon abenteuerlich genug ist, würde ich gern mal wieder ein Real-Life-Abenteuer erleben. Das letzte ist schon so lange her. Aber was bedeutet das schon, ein Abenteuer? Ich glaube es bedeutet, keine Angst zu haben und Dinge einfach umzusetzen. Demnach wäre alles Mögliche ein Abenteuer. Aber genau das ist es ja, was mir im Moment so schwerfällt: Dinge einfach umzusetzen.

Wenn ich an etwas denke, das ich machen möchte, dann reden plötzlich all die Stimmen in meinem Kopf durcheinander, machen mir Angst, finden unendlich viele Gegenargumente. Und ich habe keine Lust, mich gegen all das auflehnen zu müssen.

Der Wind pustet mich kraftvoll von der Seite an, als wolle er mich ermutigen.

Wer ist heute mit mir hier?

Eine Frau mit ihrem Enkel, der gut gelaunt den Spielplatz erkundet. Ein älterer Herr, der auf einer Bank vor dem kleinen Pavillon eine Zigarre raucht. Von ihm aus sieht es sicher seltsam aus, wie ich kreuz und quer durch den Park und über die Wiese laufe.

Drei Jungs treffen sich mit ihren Boxhandschuhen und trainieren. Ich höre das dumpfe Aufeinanderprallen des Leders bis hier hin. Eine alte Dame mit Rollator rollt an mir vorbei, als ich auf der Schaukel sitze. Sie lächelt mich an. Die Wiese ist voller Klee, und ich frage mich, ob wohl ein vierblättriges Kleeblatt dabei ist, aber ich weiß nicht, ob ich wirklich so lange suchen möchte.

Irgendwie ist es hier ziemlich idyllisch. Auf eine ausgestorbene Art. Ich will meinen Roman weiterschreiben. Ich will, dass ich mich in Gedanken auf mein Glück verlasse.

Ich spaziere weiter über die Wiese. Immer wieder entdecke ich riesengroße Büsche, die von Innen hohl sind. Ihre krummen Stämme bilden verwunschene Gänge, in denen man sich vor der Welt verstecken kann.

Dann noch die Ruhr. Dort unten sind viel mehr Menschen. Ich spaziere und sehe Hunde und Joggerinnen und grillende Gruppen. Und natürlich die Ruhr mit ihren Schwänen und Wildgänsen und dem schillernden Wasser, obwohl es heute eher gewellt und matt ist, weil ja die Sonne nur so selten durch die Wolken bricht.

Ich weiß nicht so ganz, was ich von all dem halten soll. Vom Leben. Von diesem Ausflug. Aber es hat gutgetan, das Chaos in meinem Kopf in Bewegung umzuwandeln. In eine grünere Aussicht.