Rezension des Buchs Trinken Stadt Essen: Trinkhallenkultur für Kenner und Verehrerinnen von Sebastian Schmitz
Dass Trinkhallen nicht nur ein fester Teil der Ruhrgebiets-Kultur, sondern auch ein super Ziel für Ausflüge und Künstlertreffs sind, zeigt Sebastian Schmitz in seinem Bildband Trinken Stadt Essen auf humorvolle und einzigartige Weise.
Bei meinem Künstlertreff im Ruhr Museum bin ich auf einen Bildband gestoßen, der durch sein ungewöhnliches Thema mein Interesse geweckt hat. Sebastian Schmitz, der Autor des Buches Trinken Stadt Essen. Trinkhallenkultur für Kenner und Verehrerinnen, dokumentiert darin fotografisch alle Essener Kioske und Trinkhallen. Daneben gibt es zu vielen der Büdchen kurze und unterhaltsame Info-Texte, in denen Schmitz von seinen persönlichen Eindrücken sowie Brötchen- oder Kaffee-Verkostungen erzählt. Obwohl ich im Museumsshop eine ganze Weile in dem Buch blätterte, habe ich es nicht mit nach Hause genommen – was ich schon wenig später bereute.
Eine kurze Google-Recherche verriet mir dann, dass Sebastian Schmitz Inhaber einer kleinen Buchhandlung in Essen-Holsterhausen ist, die Insel der Bücher heißt. Der Trinkhallenfotograf, wie er sich selbst im Buch humorvoll bezeichnet, arbeitet seit vielen Jahren als Flugbegleiter und hat im Jahr 2021 als Quereinsteiger seinen kleinen Buchladen gegründet. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich dort ein Exemplar seines Bildbands finden würde. So hielt ich nach einem Spaziergang zur Insel der Bücher und einem kurzen Gespräch mit Sebastian Schmitz schließlich das Buch in den Händen. Und entgegen meiner Erwartungen hat es mich sehr inspiriert.
Schon nach wenigen Seiten erinnern mich die Trinkhallen-Ausflüge von Sebastian Schmitz an meine Künstlertreffs. Die Art und Weise, wie Schmitz mit seinem grünen Fahrrad durch ganz Essen tingelt, um Fotos von Verkaufshallen zu schießen, gelegentlich einen Kaffee zu trinken und die Eindrücke auf sich wirken zu lassen, stimmt mit dem Konzept eines Künstlertreffs doch sehr überein.
Im Wesentlichen geht es bei seinen Streifzügen darum, neugierig die Umgebung zu erkunden und sich auch mal vom ein- oder anderen Kiosk überraschen zu lassen. Der Autor erzählt von seinen persönlichen Eindrücken und Begegnungen und streut – wenn es sich anbietet – ein paar interessante Fakten ein (zum Beispiel, ob die Andrea beim Peter ausgezogen ist).
Mir macht es viel Spaß, ihn auf seiner Reise durch das herbstlich-winterliche Essen zu begleiten. Ganz oft habe ich das Gefühl, selbst vor einer der Buden zu stehen, mir eine bunte Tüte zusammenzustellen und die Menschen vor Ort mitzuerleben.
Und genau darin besteht ja der Kern der Trinkhallen-Kultur: In den Menschen, die in der Nähe wohnen und für die der Kiosk ein Treffpunkt ist. Obwohl auf den Fotografien kaum Menschen zu sehen sind (die meisten haben sich wohl schnell verkrümelt, sobald die Kamera ins Spiel kam), werden sie in jedem der Bilder spürbar. Gerade diejenigen, die sich hinter dem Verkaufsfenster verstecken oder ihr Kleingeld für ein Bier ausgegeben haben, verleihen dem Kiosk hintergründig ein besonderes Flair.
Die Buden haben eine lange Tradition im Ruhrgebiet; sie sind Kommunikationsorte, bringen Jung und Alt zusammen und können der Rettungsanker sein, wenn man das verdiente Feierabend-Stauder trinken will oder mal vergessen hat, einzukaufen. Übrigens: All die verschiedenen Trinkhallen-Ausdrücke – Verkaufshalle, Kiosk, Bude, Büdchen oder, wenn man aus Berlin kommt, Späti – sind im Grunde genommen alles Synonyme für dasselbe Ladenkonzept.
Das Buch Trinken Stadt Essen lenkt seinen Fokus auf einen Teil der Stadt, den wir alle für selbstverständlich halten. Die meisten Essener sind mit den Trinkhallen großgeworden und haben sich dort schon als Kind eine bunte Tüte gekauft. Auf den ersten Blick würden viele sagen, dass die Büdchen alle gleich aussehen – und wieso sollten sie relevant genug sein, um fotografiert und dokumentiert zu werden?
Doch das Buch fordert mich dazu auf, genauer hinzuschauen: Was macht die Trinkhallen-Kultur eigentlich aus? Sind wirklich alle Buden gleich? Und welchen Bezug habe ich selbst dazu?
Die Fotografien zeigen, wie sehr sich eine Bude je nach Standort, Architektur und Besitzer unterscheiden kann. Erst dadurch kann ich Unterschiede wahrnehmen, die mir vorher nie aufgefallen wären: Verkaufsfenster oder Ladenraum, Hexenhäuschen oder Eckenfüller, Sitzgarnitur oder Kühlschrankchaos. Auf einmal wird mir bewusst, worin der individuelle Charme des Kiosks in meiner Nachbarschaft liegt. Nach und nach entdecke ich die Trinkhallen als einen wichtigen Teil unserer Kultur wieder, als etwas, das sich zu unterstützen lohnt.
Der Bildband überzeugt mich außerdem mit seiner liebevollen Gestaltung: So orientiert sich die Typographie der Initialen stets an einem der jeweiligen Kiosk-Schriftzüge, die im Bild zu sehen sind. Manchmal erfordert es ein wenig Detektivarbeit, um auszumachen, auf welchen Schriftzug sich die Initiale jeweils bezieht. Abgesehen davon hat Schmitz auch bei seinen Beschreibungen ein Auge fürs Detail, etwa wenn er auf besondere Kuh-Mülleimer, spiegelverkehrte Coca-Cola-Schriftzüge oder stolze Flaggenparaden hinweist.
Obwohl ich allgemein viel Freude daran habe, meine Heimat zu erkunden und sie mit immer neuen Augen zu sehen, hat mir das Buch Lust darauf gemacht, noch mehr auf die interessanten Details in meiner Umgebung zu achten. Plötzlich werden Trinkhallen zur Idee für einen Künstlertreff: Ich könnte zum Beispiel durch einen Stadtteil spazieren, in dem ich sonst nie bin, und mir die dortigen Büdchen ansehen. Schließlich geht es nicht immer um die augenscheinliche Schönheit der besuchten Orte, sondern um ihren individuellen und unperfekten Ruhrpott-Charme – die bemerkenswerten Details in der eigenen Heimat.
Und tatsächlich: Als ich an einem Nachbar-Kiosk das Foto für mein Beitragsbild schießen will, nehme ich das Büdchen ganz anders wahr als zuvor. Ich sehe die Nummerierung der Süßigkeiten-Box, die Pornozeitschriften im Schaufenster und die Stapel aus leeren Getränkekisten. Da es außerdem ein Sonntag ist, hat sich eine so lange Schlange vor dem Kiosk gebildet, dass ich mich nicht traue, ein Foto zu machen. Also erwische ich mit meinem Handy nur ganz unauffällig ein Kiosk-Schild.
Aber schaut es euch selbst an. Eine wärmste Empfehlung für das Buch Trinken Stadt Essen und dafür, mal wieder anne Bude zu gehen und sich ‚nen Bier oder ‚nen Kaffee, oder ‚ne Cola oder ‚nen Frikadellen-Brötchen oder ‚ne gemischte Tüte zu holen … was auch immer das Herz begehrt.
Rezension des Buchs Trinken Stadt Essen: Trinkhallenkultur für Kenner und Verehrerinnen von Sebastian Schmitz
Dass Trinkhallen nicht nur ein fester Teil der Ruhrgebiets-Kultur, sondern auch ein super Ziel für Ausflüge und Künstlertreffs sind, zeigt Sebastian Schmitz in seinem Bildband Trinken Stadt Essen auf humorvolle und einzigartige Weise.
Bei meinem Künstlertreff im Ruhr Museum bin ich auf einen Bildband gestoßen, der durch sein ungewöhnliches Thema mein Interesse geweckt hat. Sebastian Schmitz, der Autor des Buches Trinken Stadt Essen. Trinkhallenkultur für Kenner und Verehrerinnen, dokumentiert darin fotografisch alle Essener Kioske und Trinkhallen. Daneben gibt es zu vielen der Büdchen kurze und unterhaltsame Info-Texte, in denen Schmitz von seinen persönlichen Eindrücken sowie Brötchen- oder Kaffee-Verkostungen erzählt. Obwohl ich im Museumsshop eine ganze Weile in dem Buch blätterte, habe ich es nicht mit nach Hause genommen – was ich schon wenig später bereute.
Eine kurze Google-Recherche verriet mir dann, dass Sebastian Schmitz Inhaber einer kleinen Buchhandlung in Essen-Holsterhausen ist, die Insel der Bücher heißt. Der Trinkhallenfotograf, wie er sich selbst im Buch humorvoll bezeichnet, arbeitet seit vielen Jahren als Flugbegleiter und hat im Jahr 2021 als Quereinsteiger seinen kleinen Buchladen gegründet. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich dort ein Exemplar seines Bildbands finden würde. So hielt ich nach einem Spaziergang zur Insel der Bücher und einem kurzen Gespräch mit Sebastian Schmitz schließlich das Buch in den Händen. Und entgegen meiner Erwartungen hat es mich sehr inspiriert.
Kiosk-Künstlertreffs mit dem grünen Fahrrad
Schon nach wenigen Seiten erinnern mich die Trinkhallen-Ausflüge von Sebastian Schmitz an meine Künstlertreffs. Die Art und Weise, wie Schmitz mit seinem grünen Fahrrad durch ganz Essen tingelt, um Fotos von Verkaufshallen zu schießen, gelegentlich einen Kaffee zu trinken und die Eindrücke auf sich wirken zu lassen, stimmt mit dem Konzept eines Künstlertreffs doch sehr überein.
Im Wesentlichen geht es bei seinen Streifzügen darum, neugierig die Umgebung zu erkunden und sich auch mal vom ein- oder anderen Kiosk überraschen zu lassen. Der Autor erzählt von seinen persönlichen Eindrücken und Begegnungen und streut – wenn es sich anbietet – ein paar interessante Fakten ein (zum Beispiel, ob die Andrea beim Peter ausgezogen ist).
Mir macht es viel Spaß, ihn auf seiner Reise durch das herbstlich-winterliche Essen zu begleiten. Ganz oft habe ich das Gefühl, selbst vor einer der Buden zu stehen, mir eine bunte Tüte zusammenzustellen und die Menschen vor Ort mitzuerleben.
Über die Buden-Kultur im Ruhrgebiet
Und genau darin besteht ja der Kern der Trinkhallen-Kultur: In den Menschen, die in der Nähe wohnen und für die der Kiosk ein Treffpunkt ist. Obwohl auf den Fotografien kaum Menschen zu sehen sind (die meisten haben sich wohl schnell verkrümelt, sobald die Kamera ins Spiel kam), werden sie in jedem der Bilder spürbar. Gerade diejenigen, die sich hinter dem Verkaufsfenster verstecken oder ihr Kleingeld für ein Bier ausgegeben haben, verleihen dem Kiosk hintergründig ein besonderes Flair.
Die Buden haben eine lange Tradition im Ruhrgebiet; sie sind Kommunikationsorte, bringen Jung und Alt zusammen und können der Rettungsanker sein, wenn man das verdiente Feierabend-Stauder trinken will oder mal vergessen hat, einzukaufen. Übrigens: All die verschiedenen Trinkhallen-Ausdrücke – Verkaufshalle, Kiosk, Bude, Büdchen oder, wenn man aus Berlin kommt, Späti – sind im Grunde genommen alles Synonyme für dasselbe Ladenkonzept.
Die eigene Umgebung mit neuen Augen sehen
Das Buch Trinken Stadt Essen lenkt seinen Fokus auf einen Teil der Stadt, den wir alle für selbstverständlich halten. Die meisten Essener sind mit den Trinkhallen großgeworden und haben sich dort schon als Kind eine bunte Tüte gekauft. Auf den ersten Blick würden viele sagen, dass die Büdchen alle gleich aussehen – und wieso sollten sie relevant genug sein, um fotografiert und dokumentiert zu werden?
Doch das Buch fordert mich dazu auf, genauer hinzuschauen: Was macht die Trinkhallen-Kultur eigentlich aus? Sind wirklich alle Buden gleich? Und welchen Bezug habe ich selbst dazu?
Die Fotografien zeigen, wie sehr sich eine Bude je nach Standort, Architektur und Besitzer unterscheiden kann. Erst dadurch kann ich Unterschiede wahrnehmen, die mir vorher nie aufgefallen wären: Verkaufsfenster oder Ladenraum, Hexenhäuschen oder Eckenfüller, Sitzgarnitur oder Kühlschrankchaos. Auf einmal wird mir bewusst, worin der individuelle Charme des Kiosks in meiner Nachbarschaft liegt. Nach und nach entdecke ich die Trinkhallen als einen wichtigen Teil unserer Kultur wieder, als etwas, das sich zu unterstützen lohnt.
Ein Bildband mit Liebe zum Detail
Der Bildband überzeugt mich außerdem mit seiner liebevollen Gestaltung: So orientiert sich die Typographie der Initialen stets an einem der jeweiligen Kiosk-Schriftzüge, die im Bild zu sehen sind. Manchmal erfordert es ein wenig Detektivarbeit, um auszumachen, auf welchen Schriftzug sich die Initiale jeweils bezieht. Abgesehen davon hat Schmitz auch bei seinen Beschreibungen ein Auge fürs Detail, etwa wenn er auf besondere Kuh-Mülleimer, spiegelverkehrte Coca-Cola-Schriftzüge oder stolze Flaggenparaden hinweist.
Obwohl ich allgemein viel Freude daran habe, meine Heimat zu erkunden und sie mit immer neuen Augen zu sehen, hat mir das Buch Lust darauf gemacht, noch mehr auf die interessanten Details in meiner Umgebung zu achten. Plötzlich werden Trinkhallen zur Idee für einen Künstlertreff: Ich könnte zum Beispiel durch einen Stadtteil spazieren, in dem ich sonst nie bin, und mir die dortigen Büdchen ansehen. Schließlich geht es nicht immer um die augenscheinliche Schönheit der besuchten Orte, sondern um ihren individuellen und unperfekten Ruhrpott-Charme – die bemerkenswerten Details in der eigenen Heimat.
Mein persönliches Kiosk-Erlebnis
Und tatsächlich: Als ich am Nachbarschafts-Kiosk das Foto für mein Beitragsbild schießen will, nehme ich das Büdchen ganz anders wahr als zuvor. Ich sehe die Nummerierung der Süßigkeiten-Box, die Pornozeitschriften im Schaufenster und die Stapel aus leeren Getränkekisten. Da es außerdem ein Sonntag ist, hat sich eine so lange Schlange vor dem Kiosk gebildet, dass ich mich nicht traue, ein Foto zu machen. Also erwische ich mit meinem Handy nur ganz unauffällig ein Kiosk-Schild.
Aber schaut es euch selbst an. Eine wärmste Empfehlung für das Buch Trinken Stadt Essen und dafür, mal wieder anne Bude zu gehen und sich ‚nen Bier oder ‚nen Kaffee, oder ‚ne Cola oder ‚nen Frikadellen-Brötchen oder ‚ne gemischte Tüte zu holen … was auch immer das Herz begehrt.