Magisches Konzerterlebnis mit Nils Frahm bei der Ruhrtriennale 2024
Kaum eine Musik könnte eine schönere Verbindung mit dem industriellen Flair des Duisburger Landschaftsparks eingehen als die von Nils Frahm. Bei der Ruhrtriennale 2024 verliere ich mich nicht nur in den elektronischen Klängen des Musikers, sondern auch in der beeindruckenden Nachtstimmung der Gießhalle. Lies hier meinen Konzertbericht über ein unvergessliches Erlebnis mit Music for Ruhr.
Als ich nach einer entspannten Bahnfahrt auf dem Gelände des Duisburger Landschaftsparks ankomme, bin ich erstaunt. Der Park ist belebt wie eh und je: Familien rollen mit Bollerwagen über den steinigen Boden nach Hause, Teilnehmer des Mammutmarschs durchqueren bepackt die Industriebauten, und vor der Gießhalle wartet eine Traube aus Menschen darauf, ein einmaliges Konzert zu erleben. Die alten Türme sind bunt beleuchtet und geben einen Vorgeschmack darauf, wie der Landschaftspark (in Duisburg liebevoll Lapadu genannt) bei Nacht erstrahlen wird.
Ich war zwar schon oft im Duisburger Landschaftspark, doch das letzte Mal ist lange her. Während ich über den feinen Kiesweg laufe, erinnere ich mich an heiße Sommertage, als ich auf den Hochofen stieg und dort oben, vom Wind angepustet, bewunderte, wie sehr sich die Natur diesen Ort zurückerobert hat.
Erst später kommt mir der Gedanke, dass sich in der Musik von Nils Frahm etwas Ähnliches vollzieht: Seine elektronischen Klänge erobern sich die Geräusche der Natur zurück. Es ist eine Sprache, die von irgendwo anders herkommt, direkt aus den schwarzen Tiefen des Universums wie hellstrahlende Lichtpunkte, und von dort aus direkt ins Hirn.
So sitze ich inmitten der anderen Zuhörer auf der Tribüne, schließe die Augen und habe das Gefühl, vollständig allein hier zu sein, in der stählernen Umgebung der Gießhalle, wo die Ziegelsteine so eigenartig übereinandergestapelt sind, dass die Mauer luftig-leicht wirkt, und wo ein gigantisches Dach wie eine Wasserrutsche den Übergang zwischen innen und außen bildet. Ich genieße die Musik, lasse los, lasse mich einfach fallen.
Um mich herum wird der Himmel immer dunkler. Ein Stern funkelt direkt neben dem Schornstein des Hochofens. Das Grundrauschen des Duisburger Landschaftsparks vermischt sich mit den bewegenden Akkorden der Instrumente: Das entfernte Kreischen spielender Kinder wird zu instinktgetriebenen Tierrufen, ein entferntes Feuerwerk knallt bedrohlich in die Harmonien, das Wispern in der Reihe vor mir verstärkt die Vibration des Sounds.
Alles verbindet sich zu einem Gesamtklang, der mich in eine Art meditativen Zustand versetzt. Ich weiß nicht, welches Instrument es ist, das im Licht der Scheinwerfer golden schimmert und sich unaufhörlich dreht – doch ich kann den neoklassischen Klängen lauschen und über meine Gänsehaut staunen. (Später erfahre ich, dass es sich um eine Glasharmonika handelt.)
Das Surren von Fliegen über der Biotonne: avantgardistische Tonspur. Das Rauschen des Bluts im Ohr: Anfang jeder Klangkunst. Erst größtmögliche Stille, der Raum, in dem die Dinge klingen und nachklingen können, gibt dem Ganzen jene Art von Verpuppungs-, Verwandlungsqualität, die uns so irisiert.
Gelegentlich hat die Musik eine Tiefe, einen Bass-artigen Grund, der mich wie Gravitation zu Boden zieht. Sogar der Wind scheint Teil der Komposition zu sein, wenn er mir an genau den richtigen Stellen durch die Haare weht. Das Konzert fühlt sich multisensorisch an. Es sind Klänge, die außerhalb von Raum und Zeit liegen, und da auch der Landschaftspark außerhalb von Raum und Zeit liegt, weil sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an diesem Ort vereinen, sich Millionen von Geschichten in ihm verstecken, ist es fast magisch, heute hier zu sein. Ich spüre, dass ich mich in meinen Gedanken und Fantasien verliere. Doch dafür ist Musik da, oder nicht?
Gegen Ende des Konzerts bin ich ehrlich gesagt ziemlich erschöpft. Mit jedem neuen Stück fällt es mir schwerer, mich auf die Klänge einzulassen – es ist, als würde ich langsam aus einem Traum erwachen und in die Realität zurückkehren. Die Magie des Konzerts weicht der Müdigkeit eines intensiven Hörerlebnisses.
Nils Frahms Musik schafft es immer wieder, mich in eine andere Welt zu entführen. Schon als ich ihr im Film Victoria das erste Mal begegnet bin, war ich von den Klängen vereinnahmt. Der Track Our Own Roof etwa fängt das Gefühl ein, nach einer aufregenden Nacht gemeinsam auf das Leuchten der Stadt zu blicken und dabei über Gott und die Welt zu reden. Jedes Mal, wenn ich den Song höre, denke ich an die Filmszene zurück, als sei ich selbst dabei gewesen.
Und heute war ich tatsächlich selbst dabei. Ich durfte erleben, wie sich der Duisburger Landschaftspark durch das Konzert der Ruhrtriennale in einen Fantasieort verwandelte, an dem sich die Grenzen zwischen Umgebung und Klang auflösten. Dieser Musik mit vollkommener Aufmerksamkeit zu lauschen, erinnert mich daran, was Musik so besonders macht: Sie formt, wie wir die Welt erleben und spüren. Als ich die Gießhalle verlasse und in die kühle Sommernacht hinaustrete, hallt dieses Gefühl noch lange in mir nach.
Möchtest du anderen Ruhrtriennale-Erlebnissen nachspüren? Dann lies gern in meine Artikel aus dem letzten Jahr rein und begleite mich zum Skatepark oder ins Jetzt & Jetzt.
Magisches Konzerterlebnis mit Nils Frahm bei der Ruhrtriennale 2024
Kaum eine Musik könnte eine schönere Verbindung mit dem industriellen Flair des Duisburger Landschaftsparks eingehen als die von Nils Frahm. Bei der Ruhrtriennale 2024 verliere ich mich nicht nur in den elektronischen Klängen des Musikers, sondern auch in der beeindruckenden Nachtstimmung der Gießhalle. Lies hier meinen Konzertbericht über ein unvergessliches Erlebnis mit Music for Ruhr.
Als ich nach einer entspannten Bahnfahrt auf dem Gelände des Duisburger Landschaftsparks ankomme, bin ich erstaunt. Der Park ist belebt wie eh und je: Familien rollen mit Bollerwagen über den steinigen Boden nach Hause, Teilnehmer des Mammutmarschs durchqueren bepackt die Industriebauten, und vor der Gießhalle wartet eine Traube aus Menschen darauf, ein einmaliges Konzert zu erleben. Die alten Türme sind bunt beleuchtet und geben einen Vorgeschmack darauf, wie der Landschaftspark (in Duisburg liebevoll Lapadu genannt) bei Nacht erstrahlen wird.
Music for Ruhr als Symbiose aus Musik und Industrie
Ich war zwar schon oft im Duisburger Landschaftspark, doch das letzte Mal ist lange her. Während ich über den feinen Kiesweg laufe, erinnere ich mich an heiße Sommertage, als ich auf den Hochofen stieg und dort oben, vom Wind angepustet, bewunderte, wie sehr sich die Natur diesen Ort zurückerobert hat.
Erst später kommt mir der Gedanke, dass sich in der Musik von Nils Frahm etwas Ähnliches vollzieht: Seine elektronischen Klänge erobern sich die Geräusche der Natur zurück. Es ist eine Sprache, die von irgendwo anders herkommt, direkt aus den schwarzen Tiefen des Universums wie hellstrahlende Lichtpunkte, und von dort aus direkt ins Hirn.
So sitze ich inmitten der anderen Zuhörer auf der Tribüne, schließe die Augen und habe das Gefühl, vollständig allein hier zu sein, in der stählernen Umgebung der Gießhalle, wo die Ziegelsteine so eigenartig übereinandergestapelt sind, dass die Mauer luftig-leicht wirkt, und wo ein gigantisches Dach wie eine Wasserrutsche den Übergang zwischen innen und außen bildet. Ich genieße die Musik, lasse los, lasse mich einfach fallen.
Nils Frahm, die Ruhrtriennale und das Rauschen des Landschaftsparks
Um mich herum wird der Himmel immer dunkler. Ein Stern funkelt direkt neben dem Schornstein des Hochofens. Das Grundrauschen des Duisburger Landschaftsparks vermischt sich mit den bewegenden Akkorden der Instrumente: Das entfernte Kreischen spielender Kinder wird zu instinktgetriebenen Tierrufen, ein entferntes Feuerwerk knallt bedrohlich in die Harmonien, das Wispern in der Reihe vor mir verstärkt die Vibration des Sounds.
Alles verbindet sich zu einem Gesamtklang, der mich in eine Art meditativen Zustand versetzt. Ich weiß nicht, welches Instrument es ist, das im Licht der Scheinwerfer golden schimmert und sich unaufhörlich dreht – doch ich kann den neoklassischen Klängen lauschen und über meine Gänsehaut staunen. (Erst später erfahre ich, dass es sich um eine Glasharmonika handelt.)
Das Surren von Fliegen über der Biotonne: avantgardistische Tonspur. Das Rauschen des Bluts im Ohr: Anfang jeder Klangkunst. Erst größtmögliche Stille, der Raum, in dem die Dinge klingen und nachklingen können, gibt dem Ganzen jene Art von Verpuppungs-, Verwandlungsqualität, die uns so irisiert.
Gelegentlich hat die Musik eine Tiefe, einen Bass-artigen Grund, der mich wie Gravitation zu Boden zieht. Sogar der Wind scheint Teil der Komposition zu sein, wenn er mir an genau den richtigen Stellen durch die Haare weht. Das Konzert fühlt sich multisensorisch an. Es sind Klänge, die außerhalb von Raum und Zeit liegen, und da auch der Landschaftspark außerhalb von Raum und Zeit liegt, weil sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft an diesem Ort vereinen, sich Millionen von Geschichten in ihm verstecken, ist es fast magisch, heute hier zu sein. Ich spüre, dass ich mich in meinen Gedanken und Fantasien verliere. Doch dafür ist Musik da, oder nicht?
Ein intensives, fast schon erschöpfendes Hörerlebnis
Gegen Ende des Konzerts bin ich ehrlich gesagt ziemlich erschöpft. Mit jedem neuen Stück fällt es mir schwerer, mich auf die Klänge einzulassen – es ist, als würde ich langsam aus einem Traum erwachen und in die Realität zurückkehren. Die Magie des Konzerts weicht der Müdigkeit eines intensiven Hörerlebnisses.
Nils Frahms Musik schafft es immer wieder, mich in eine andere Welt zu entführen. Schon als ich ihr im Film Victoria das erste Mal begegnet bin, war ich von den Klängen vereinnahmt. Der Track Our Own Roof etwa fängt das Gefühl ein, nach einer aufregenden Nacht gemeinsam auf das Leuchten der Stadt zu blicken und dabei über Gott und die Welt zu reden. Jedes Mal, wenn ich den Song höre, denke ich an die Filmszene zurück, als sei ich selbst dabei gewesen.
Und heute war ich tatsächlich selbst dabei. Ich durfte erleben, wie sich der Duisburger Landschaftspark durch das Konzert der Ruhrtriennale in einen Fantasieort verwandelte, an dem sich die Grenzen zwischen Umgebung und Klang auflösten. Dieser Musik mit vollkommener Aufmerksamkeit zu lauschen, erinnert mich daran, was Musik so besonders macht: Sie formt, wie wir die Welt erleben und spüren. Als ich die Gießhalle verlasse und in die kühle Sommernacht hinaustrete, hallt dieses Gefühl noch lange in mir nach.
Möchtest du anderen Ruhrtriennale-Erlebnissen nachspüren? Dann lies gern in meine Artikel aus dem letzten Jahr rein und begleite mich zum Skatepark oder ins Jetzt & Jetzt.